Eine "Goebbels-Schnauze", wie sie hinter vorgehaltener Hand seinerzeit genannt wurde. Der Vorteil dieses Geräts war der verhältnismäßig günstige Preis im Vergleich zu damals herkömmlichen Radios, die eine viel bessere Tonqualität besaßen aber für Lohnarbeiter nur schwer zu finanzieren waren. Der BBC nutze das Frequenzband geschickt zur Aufklärung der deutschen Hörer über jenes, was die Propaganda des Reichsfunks verschwieg. Die schweren Strafen, die für das Abhören des "Feindsenders" verhängt wurden, waren taktisch unklug, denn wenn etwas verboten ist, macht es erst recht neugierig. Die DDR war diesbezüglich schon einen Schritt weiter mit dem "Schwarzen Kanal", der in Ost- und West mit plumper Gegenpropaganda ein amüsantes Programm bot - amüsant zumindest, wenn Schnitzler es nicht ernst gemeint hätte.
Der etwas aufgeklärtere Bürger der DDR hatten den Spruch: "Wie lange dauert die Sendung im"Schwarzen Kanal"? Antwort: "Hier ist Schnitz....!"
Die meisten schalteten die Sendung hier ab.
Übrigens: Meine Großeltern hatten keinen VE . Mein Großvater hatte Arbeitsverbot und deshalb kein Geld für KfF Kfz und VE. Meine Großmutter mußte die zwei Kinder alleine durchbringen.
Mein Vater hatte nach 1946 oft eine Schlägerei um die Ehre seines Vaters zu verteidigen. Man sah ihn nach 1946 immer noch als Verpisser und Unehrenhaft an.
Im 3. Reich trotz Arbeitsverbots überlebt zu haben, war sicher alles andere als feige. Da hatte Dein Vater wohl genau richtig gehandelt, indem er die Ehre Deines Opas verteidigte.
Ich musste diesen ganzen Mist durch die Gnade der späten Geburt glücklicherweise nicht miterleben. Als ich geboren wurde, herrschten die fetten Jahre und die letzten Altnazis standen bereits kurz vor der Rente oder Pension. Als Kind mochte ich das DDR-Sandmännchen viel lieber als sein westliches Pendant. Und später schaute ich mir immer gerne das Karl-Eduard-Sandmännchen an, um seine Propaganda mit meiner Realität im Westen zu vergleichen. Der konnte lügen, ohne rot zu werden ... ok, so genau war das in einem S/W-Sender auch nicht zu erkennen. Viel später erfuhr ich auch, dass er öfter mal in meine grenznahe Heimatstadt rübermachte, um sich mit Waren des "Klassenfeindes" einzudecken. Also glaube ich auch nicht, dass er es wirklich ernst meinte, was er im Schwarzen Kanal zum Besten gab. Er war nur eine Marionette oder Handpuppe der Propaganda, die sich nicht traute, in einer Live-Sendung mal die Wahrheit zu sagen oder zumindest nicht plump zu hetzen.
Nun, ich entstammte einer langen Ahnenreihe von SPD-Wählern und Untertage-Malochern mit nur wenigen braunen Flecken, die jedoch durch eine gelungene Entnazifizierung auch wieder reingewaschen wurden. Mir steht es auch nicht zu, sie zu verurteilen, denn damals herrschte eine andere Realität, die glücklicherweise längst Geschichte ist, aber in TV-Kanälen ständig wieder informativ-faktisch aufbereitet werden muss, da es vielen anscheinend an Geschichtsbewusstsein und vor allem dem Prinzip "Wehred den Anfängen" zu mangeln scheint.
Irgendwann brach ich mit der SPD-Tradition und ging zu den Grünen, weil es dort imho die wenigsten "Altlasten" gibt, sondern Politiker, die die Probleme der Gegenwart erkennen und auch nach vorn schauen können, um sie sozial und umweltbewusst zu lösen. Das bin ich auch meinen Kindern schuldig, denn es ist ihre Welt, die wir ihnen hinterlassen - und insofern gibt es für mich auch kein "Nach mir die Sintflut" und schon gar kein Festhalten an überkommenen Fehlern.
[Solch eine Rede hätte man im Volksempfänger verbreiten sollen - sozusagen als futuristisches Hörspiel. ;)]
Ich weiss, deswegen ist unser Herr Leicht 1984 auch aus dem "Tal der Ahnungslosen" geflüchtet. Er war Elektroniker und hat sich hier im Westen mit Lkw fahren über Wasser gehalten.
Er hat mir erzählt, das man ihn bei dem Bau einer Antennenanlage erwischt hat. Da blieb ihm keine Wahl....Stasi-Knast oder Fluchtversuch.
Über die näheren Umstände der Flucht hat er nie ein Wort verloren. Es müssen schlimme Zustände gewesen sein.
Gefällt mir sehr, besonders der Zettel dazu, eine ganz tolle Idee. Die ganzen AFD ler und sonstigen Spinner, sollten sich mal vor Augen führen, welches Glück wir haben, in Ländern zu leben, die demokratisch regiert werden.
Sehr gutes, realistisches Bild! Man kann die kleinen Unregeläßigkeiten im Lack richtig sehen. Auch die Message.. mir scheint, das wird langsam wieder aktuell..
Kommentare 14
ritch
Eine "Goebbels-Schnauze", wie sie hinter vorgehaltener Hand seinerzeit genannt wurde. Der Vorteil dieses Geräts war der verhältnismäßig günstige Preis im Vergleich zu damals herkömmlichen Radios, die eine viel bessere Tonqualität besaßen aber für Lohnarbeiter nur schwer zu finanzieren waren. Der BBC nutze das Frequenzband geschickt zur Aufklärung der deutschen Hörer über jenes, was die Propaganda des Reichsfunks verschwieg. Die schweren Strafen, die für das Abhören des "Feindsenders" verhängt wurden, waren taktisch unklug, denn wenn etwas verboten ist, macht es erst recht neugierig. Die DDR war diesbezüglich schon einen Schritt weiter mit dem "Schwarzen Kanal", der in Ost- und West mit plumper Gegenpropaganda ein amüsantes Programm bot - amüsant zumindest, wenn Schnitzler es nicht ernst gemeint hätte.
rjordan Autor
Der etwas aufgeklärtere Bürger der DDR hatten den Spruch: "Wie lange dauert die Sendung im"Schwarzen Kanal"? Antwort: "Hier ist Schnitz....!"
Die meisten schalteten die Sendung hier ab.
Übrigens: Meine Großeltern hatten keinen VE . Mein Großvater hatte Arbeitsverbot und deshalb kein Geld für KfF Kfz und VE. Meine Großmutter mußte die zwei Kinder alleine durchbringen.
Mein Vater hatte nach 1946 oft eine Schlägerei um die Ehre seines Vaters zu verteidigen. Man sah ihn nach 1946 immer noch als Verpisser und Unehrenhaft an.
ritch
Im 3. Reich trotz Arbeitsverbots überlebt zu haben, war sicher alles andere als feige. Da hatte Dein Vater wohl genau richtig gehandelt, indem er die Ehre Deines Opas verteidigte.
Ich musste diesen ganzen Mist durch die Gnade der späten Geburt glücklicherweise nicht miterleben. Als ich geboren wurde, herrschten die fetten Jahre und die letzten Altnazis standen bereits kurz vor der Rente oder Pension. Als Kind mochte ich das DDR-Sandmännchen viel lieber als sein westliches Pendant. Und später schaute ich mir immer gerne das Karl-Eduard-Sandmännchen an, um seine Propaganda mit meiner Realität im Westen zu vergleichen. Der konnte lügen, ohne rot zu werden ... ok, so genau war das in einem S/W-Sender auch nicht zu erkennen.
Viel später erfuhr ich auch, dass er öfter mal in meine grenznahe Heimatstadt rübermachte, um sich mit Waren des "Klassenfeindes" einzudecken. Also glaube ich auch nicht, dass er es wirklich ernst meinte, was er im Schwarzen Kanal zum Besten gab. Er war nur eine Marionette oder Handpuppe der Propaganda, die sich nicht traute, in einer Live-Sendung mal die Wahrheit zu sagen oder zumindest nicht plump zu hetzen.
Nun, ich entstammte einer langen Ahnenreihe von SPD-Wählern und Untertage-Malochern mit nur wenigen braunen Flecken, die jedoch durch eine gelungene Entnazifizierung auch wieder reingewaschen wurden. Mir steht es auch nicht zu, sie zu verurteilen, denn damals herrschte eine andere Realität, die glücklicherweise längst Geschichte ist, aber in TV-Kanälen ständig wieder informativ-faktisch aufbereitet werden muss, da es vielen anscheinend an Geschichtsbewusstsein und vor allem dem Prinzip "Wehred den Anfängen" zu mangeln scheint.
Irgendwann brach ich mit der SPD-Tradition und ging zu den Grünen, weil es dort imho die wenigsten "Altlasten" gibt, sondern Politiker, die die Probleme der Gegenwart erkennen und auch nach vorn schauen können, um sie sozial und umweltbewusst zu lösen. Das bin ich auch meinen Kindern schuldig, denn es ist ihre Welt, die wir ihnen hinterlassen - und insofern gibt es für mich auch kein "Nach mir die Sintflut" und schon gar kein Festhalten an überkommenen Fehlern.
[Solch eine Rede hätte man im Volksempfänger verbreiten sollen - sozusagen als futuristisches Hörspiel. ;)]
Pixelschubser
Die Lautsprecherabdeckung sieht aus wie ein alter Teppich, aber sonst - klasse.
rjordan Autor
Danke schön!
Maxime
Ein sehr schönes Teil
Und der Zettel dazu
.
Zu DDR-Zeiten war es auch nicht gewünscht, dass man Westradio hört.
Während meiner Zeit in Leipzig hat mir die Mitbewohnerin des Zimmers immer den
Sender verstellt, weil ich wegen der guten Musik NDR gehört habe, statt das, was
man hören sollte
.
rjordan Autor
Danke schön!
Ich weiss, deswegen ist unser Herr Leicht 1984 auch aus dem "Tal der Ahnungslosen" geflüchtet. Er war Elektroniker und hat sich hier im Westen mit Lkw fahren über Wasser gehalten.
Er hat mir erzählt, das man ihn bei dem Bau einer Antennenanlage erwischt hat. Da blieb ihm keine Wahl....Stasi-Knast oder Fluchtversuch.
Über die näheren Umstände der Flucht hat er nie ein Wort verloren. Es müssen schlimme Zustände gewesen sein.
Bastet
Gefällt mir sehr, besonders der Zettel dazu, eine ganz tolle Idee. Die ganzen AFD ler und sonstigen Spinner, sollten sich mal vor Augen führen, welches Glück wir haben, in Ländern zu leben, die demokratisch regiert werden.
Susann Houndsville
Sehr gutes, realistisches Bild! Man kann die kleinen Unregeläßigkeiten im Lack richtig sehen. Auch die Message.. mir scheint, das wird langsam wieder aktuell..
rjordan Autor
Vielen Dank!
Das gute Stück war nicht lakiert, das Gehäuse wurde aus Bakelit gegossen.
Einem Vorläufer des heutigen Plastik. Phenol und Formaldehyd aufkochen den Brei in eine Schale und fettisch.
Susann Houndsville
Ich bin froh dass es noch Leute gibt, die wissen wie man das herstell! Hervorragend gelungen :))
Thunder666
superb ! Bin grad dabei ein uralt Radio zu restaurieren. Wäre genau der richtige Stoff .
rjordan Autor
Danke Dir!
In diesem Gerät waren drei Röhren verbaut. Gibt es das heute eigentlich noch?
Über diese Frage sinnieren ich werde!
Thunder666
: ) ich denke nicht. Par mehr sind es in meinem Fall und ne tote Maus war drin :D. Ich schick dann mal nen Bild.