Selassische Gastfreundschaft

Das Vierte der Stella-Reihe. Geschichte im ersten Kommentar.

Kommentare 15

  • Wunderbare Geschichte und spannend bis zum Schluss

    • Danke sehr :)

  • Hammer!

  • Ich hab das Gefühl, dass du ein Haus im tiefen Hinterland von Albenga hast. Da laufen viele solcher alten Damen herum und der Verdacht, dass diese so alt wie deine Protagonistin sind, ist auch nicht von der Hand zu weisen. Dazu sind sie sehr scharfzüngig und können einem das Leben furchtbar schwer machen - auch ohne Kopfgeldjäger zu sein. Sie sehen und hören alles...

    Tolle Geschichte mit dazu passendem Charakter.

    • Och, das Scharfzüngige hat Stella von mir geerbt ^^ Und leider war ich bisher nur einmal in Italien - in Rom, mit der Uni.


      Nein, im Ancestors Universum gibt es alle Arten von Menschen und solche wie Stella sind zwar selten, aber bei mehreren hundert Milliarden Individuen im von Menschen besiedelten Raum wohl oft genug anzutreffen.

    • Meiner Ansicht nach ist Italien ein absolutes “Muss“ für Künstler. Nicht nur wegen der Küche, des Weines und der unvorstellbaren Anzahl von Kunstsammlungen, sondern hauptsächlich wegen des Lichtes. Das ist, gerade für jemand wie mich, der aus dem einst schmuddeligen Norden kommt, manchmal unglaublich schön. Leider bin ich eher mehr ein Kunstbanause, der mit Hilfe von Daz versucht ein von meinem Sohn in der Schulzeit geschriebenes Buch zu illustrieren, da ich nicht zeichnen kann und er nicht mehr zeichnen will.

  • Tja, wer da nicht dahinschmilzt.... der hat's nicht richtig gelesen. Ganz toll!

    • Danke sehr ^^ Freut mich, dass es dir gefällt. Das Universum ist auch noch weiter erforscht, aber wir haben bisher nur Buch 1 fertig. :)

  • Tja, wenn es so einfach wäre ..... mit der rundum Erneuerung. Schönes Happy End :top .

    • Danke ^^ Irgendeinen Vorteil muss die Zukunft ja haben, sonst wäre der Weg dahin ja für die Katz.

  • Glücklicherweise hatte sie das Schott zu ihrem Schiff offengelassen. Ich hetzte hinein, sie über der Schulter, warf sie in die Kälteschlafkammer, ließ die KI die Parameter bestimmen, setzte die Batterie ein und lief zum Cockpit. Gottseidank gab es einen Knopf für Alarmstart – keine Stimmidentifikation, keine DNS nötig, einfach ein „WEG HIER“-Schalter. Beruhigend tief summten die Triebwerke auf, als der Antigrav uns in eine sichere Flughöhe brachte. Dann schaute ich auf die Sensoren.

    Als ich bemerkte, dass am Horizont kleine Punkte rasch größer wurden, war es schon fast zu spät. Ich funkte sie an, möglichst schnell umzukehren, da hier ein defektes Schiff mit bald versagendem Fusionskühler lag, und drückte selbst auf die Tube. Wie im Holodrama rasten wir dem Feuerball nur knapp davon. Die fremden Schiffe hatten noch rechtzeitig abgedreht.

    Kaum war die Explosion vergangen, wandten sie sich mir jedoch wieder zu.

    „Kopfgeldjägerin Stella, auf Anweisung der selassischen Sicherheitskräfte müssen Sie schnellstmöglich in Alhubut landen, oder wir sind befugt, Gewaltmittel anzuwenden“, hörte ich die strenge Stimme eines Polizisten. Es hatte keinen Sinn, mich in einem mir unbekannten Schiff mit einem Planeten voller Sicherheitskräfte anzulegen. Außerdem waren es ja zumindest laut Definition die Guten Jungs. Also funkte ich mein Okay und ging auf Kurs Alhubut.


    Dort wies man mich an, auszusteigen und ihnen aufs Revier zu folgen. Ja. Das übliche Zeremoniell folgte – Lektion in Sachen „Höflichkeit von Touristen auf fremden Planeten“ und dass „auch aufgegebene Handelsposten in die Luft zu sprengen“ nicht dazugehöre, Belehrung darüber, dass ich wegen Sachbeschädigung und potentieller Gefährdung der Bevölkerung eingebuchtet sei, Fototermin mit Modell „blutbespritzte Kriminelle, ins Licht blinzelnd“. Ich sagte die ganze Zeit über nichts. Erst, als der Kommissar, dem der ganze Fall offenbar anvertraut war, mir allein gegenübersaß und wir etwas mehr Ruhe hatten, schüttelte ich den Kopf.

    „Sie wissen doch genau, dass der Fall gar nicht gegen mich gerichtet ist, Kommissar. Weder hab ich geschossen, noch habe ich mein Schiff absichtlich in die Luft gesprengt. Ich bin abgeschossen worden. Hätte ich das Ganze absichtlich gemacht, hätte ich Ihre Leute doch gar nicht gewarnt, sondern sie gleich in die Explosion fliegen lassen“, erklärte ich gelassen. Er schmunzelte.

    „Das mag ja sein, Frau Stella. Dennoch liegt hier ein Haftbefehl gegen Sie vor, dem ich nachgehen muss. Dass Sie hier bald wieder raus sind, ist mir auch klar. Spätestens, nachdem ich den Zeitstempel des Haftbefehls gelesen habe.“ Ich hob nur fragend eine Braue (und wünschte mir gleich, ich hätt’s gelassen – es tat weh). Er schob mir die Holofolie hin. Der Zeitstempel zeigte zwei Minuten, nachdem ich meine Daten an die Flugüberwachung geschickt hatte. Das stank.

    „Wer will mich haben?“, fragte ich, barscher als ich eigentlich wollte. Er zuckte mit den Schultern.

    „Weiß ich nicht. Was nicht heißt, dass ich keine Ahnung hätte. Es gibt wenige Menschen auf diesem Planeten, die einen so schnellen Haftbefehl ausstellen können. Wer auch immer es ist, entweder haben sie einen guten Freund oder einen schlimmen Feind ganz oben.“ Ich begann zu ahnen, wer es sein könnte. Ich war schonmal auf Selassi gewesen, und nicht als Tourist. Die Frage war – war er es, oder einer seiner Nachfahren? Gespannt setzte ich mich auf meinem Stuhl zurecht.

    Wir mussten nicht lange warten. Schon fünf K-Minuten später kam eine junge Frau herein, die dem Kommissar einen Zettel gab. Er las ihn kurz und winkte ihr dann zu. Sie nahm mir die Fußeisen ab und bat mich, ihr zu folgen. Ich verabschiedete mich noch höflich von dem Kommissar – der tat ja wirklich nur seinen Job – und wurde sogleich aus dem Revier herausgebracht. Davor wartete eine schwarze Limousine. Ich stieg ein.



    Er war es selbst, jung und dynamisch wie schon vor hundert Jahren. Der sorgfältig getrimmte Bart, die perlweißen, völlig ebenmäßigen Zähne und dieses unglaublich charismatische Lächeln ließen meine Knie genauso schwach werden wie damals. Er sah mich lächelnd an. Ich wand mich ein wenig. Jetzt schämte ich mich meines Aussehens.

    „Elisabeth! Es freut mich, dich wiederzusehen!“, begrüßte er mich überschwänglich. Weder meine Falten noch mein Übergewicht noch die Blutspritzer und Verletzungen schienen ihn sonderlich zu beeindrucken. „Du scheinst allerdings nicht in allerbester Form zu sein. Bist du schwer verletzt?“ Sein Tonfall war besorgt. Ich schaffte es, den Kopf zu schütteln.

    „Das Schlimmste ist ‘ne gebrochene Nase“, murmelte ich. Er sah betroffen drein.

    „Na, na! Auch die sollte behandelt werden“, meinte er fürsorglich. „Ich kenne ein gutes Krankenhaus. Wenn du möchtest, bringe ich dich gleich dort vorbei. Sie haben auch ausgezeichnete Psi-Heiler.“ Bevor ich antworten konnte, hatte er der KI bereits Zeichen gemacht.

    Es war unfassbar. Ein Lächeln, ein Paar geheimnisvoller, tiefliegender Augen, eine sonore Baritonstimme und warme, mitfühlende Hände, die meine einfingen, machten mich zu einer stammelnden Jungfrau. Ich wurde ins Krankenhaus gebracht, kam zu einem Arzt, der mich kurz untersuchte, und wurde dann mit dem Kommentar „da ist was in Ihrem Bauch, das wir uns näher ansehen müssen, ohne dass Sie sich bewegen“ in eine Maschine geschoben, wo ich einschlief.



    Als ich erwachte, war mir bewusst, dass mindestens eine Woche vergangen war. Neben meinem Bett saß er, lächelnd. Mir wurde kalt und heiß.

    „Elisabeth! Schön, dass du aufwachst“, freute er sich.

    „Jamal. Ich…“, setzte ich an, doch er legte den Finger auf meine Lippen.

    „Schhht, Liebes. Jetzt geht es dir wieder gut. Ich weiß, ich weiß, du hast noch einen Auftrag, an dem du arbeitest. Das Schiff ist auch nicht angetastet worden; sie schläft noch immer. Ich will gar nicht wissen, was mit ihr ist. Sag mir nur, wie lange du brauchen wirst, bis du wieder hier bist.“ Ich seufzte und kalkulierte im Kopf die ungefähre Zeit.

    „Knapp fünfundzwanzig K-Wochen“, antwortete ich also wahrheitsgemäß.

    „Zweihundertfünfzig Tage! Fast ein Jahr! So eine lange Zeit!“, rief er aus und warf bestürzt die Arme in die Luft.

    „Na, na“, meinte ich, leicht sarkastisch. „Wir haben uns hundert Jahre nicht gesehen. Es sind gerade einmal drei Quartale. Also alles halb so wild.“ Er lächelte.

    „Ja, es stimmt. Dennoch. Ich hatte nicht damit gerechnet, dich noch einmal lebendig wiederzusehen, nachdem du mir deine Entscheidung mitgeteilt hattest. Du scheinst die Herausforderung ja gemeistert zu haben.“

    „Ein Sturkopf wie meiner geht so leicht nicht entzwei“, entgegnete ich und grinste schief. „Außerdem – wenn ich etwas tue, dann sorge ich dafür, dass ich zu den Besten gehöre.“ Er nickte und lächelte.

    „Dann komm, meine Schöne, lass uns wenigstens den heutigen Abend zusammen verbringen.“ Er streckte mir die Hand hin, die ich gedankenverloren nahm. Erst, als sich im Spiegel etwas bewegte, das mein Hirn nicht sofort erkannte, sah ich genauer hin.

    Ich war wieder jung. Er hatte mir einfach mal so eine Kadu-Verjüngung spendiert. Das erklärte, warum ich so lange ausgeschaltet gewesen war. Wie jedes Mal, wenn ich es durchmachte, musste ich erst einmal meine Nase und meine Haut betasten. Glatt wie ein Babypopo. Ich strahlte ihn an.

    „Danke, Jamal. Das wäre nicht nötig gewesen!“ Er winkte ab.

    „Ach was. Wenn man schon mal im Krankenhaus ist, kann man das gleich in einem Rutsch mit machen“, erwiderte er und führte mich hinaus. Es wurde ein schöner Abend.



    Nachtrag: Ich bin froh, dass nun alles hinter mir liegt. Ich habe die Mistschlampe weggebracht (ein wenig Recherche hat einiges herausgebracht, das sie auf dem Kerbholz hatte – anscheinend gehörte sie zum Schwarzen Lotos). Das Muttersöhnchen hat mich beeindruckt – sein Zorn schien ihm die Entschlossenheit zu verleihen, sie tatsächlich kalt zu machen. Aber nun bin ich bei Jamal und überlege tatsächlich, ob ich mal sowas wie eine Familie gründen soll. Seine letzte Frau ist vor sechs Jahren einem unerkannten Aneurysma zum Opfer gefallen, und seine Kinder sind alle erwachsen und gehen ihren eigenen Geschäften nach. Vielleicht ist es an der Zeit, nicht nur von Tag zu Tag, sondern in die Zukunft zu leben…