Nicht mehr weit bis zum Ziel. Svetlana, die Orthodoxe, betet kniend auf der Pritsche. Sie scheint uns um-nächtigt ihrer religiösen Inbrunst nicht mehr wahrzunehmen. Ali, der Lkw-Schrauber, zählt nervös die Perlen seiner Gebetskette. Vielleicht bereut er es bereits, sich dieser ökumenischen Reisegruppe angeschlossen zu haben.
„Moses gab es bereits viel früher als eure Propheten“, sagt Sarah schmunzelnd.
„Nicht wirklich“, erwidere ich, „da nach eurer Zeitrechnung im Hinduismus bereits eine komplexe Religion bestand.“
„Ha! Polytheismus“, erwidert sie mit zynischem Unterton. Sollte ich darauf antworten, da ich es als Atheist besser wissen sollte, dass es keine Götter gibt, sondern nur prophetische Menschen, die das Gute in ihrem Gepäck führten? Was unterscheidet denn einen Moses von Jesus oder Mohammed? Nichts, denke ich. Das einzige, was sie unterscheiden könnte, ist der unsägliche Hass und die sinnlose Gewalt ihrer unverständigen `Anhänger`. Doch auch in diesem Bereich scheint es keine Unterschiede zu geben, seitdem es Mossad, CIA und Isis gibt. Bei dieser Art von Gewalt geht es nicht um den Glauben, sondern Macht und Gier, ohne auch nur verstehen zu wollen, wie der vermeintliche Gegner denkt, denn vielleicht ist er genauso verblendet, radikalisiert oder falsch erzogen worden.
Jesus sagte: Wenn dich jemand schlägt, dann halte auch die andere Wange hin.
Das ist einzigartig, denn wenn jeder so handelt würde, gäbe es schon lange keine Gewalt mehr.
Morgen werden wir Bethlehem erreichen – ich werde mit meinen Gefährten auf diesem Trip nicht diskutieren, aber ich wünsche ihnen von Herzen, dass sie am Ziel ein Wunder sehen, denn Atheisten sind nicht herzlos, sondern lieben alle Menschen, die es durch eigene Taten verdienen, geliebt zu werden.
Die Reisestory geht weiter ... 