Verwendete(s) Programm(e): DS 4.9Pro, Gimp (Nachbearbeitung Artefakte in der Kerze, Schimmer über der Kerze, Logo)
Gemacht für das Mai-Mini drüben im Tutorial-Café.
Phong krabbelte auf den Tisch hinauf und zündete die Kerze an. Was sie wohl heute liegen gelassen hatte? Es hatte entschiedene Vorteile für die eigene Bildung, im Haus einer Magierin zu wohnen, selbst wenn man zu klein war, um die Bücher aus dem Regal ziehen zu können. Sie ließ immer etwas liegen.
Hmmm... Sextant, Fernrohr... Astronomie? Ah, nein - nach den Tabellen und Diagrammen zu urteilen, Astrologie. Phong las sich durch die Schriftrollen. Offenbar schrieb sie gerade an einem Traktat über den Einfluss der Sterne auf Naturereignisse. "Adspicite: kein Himmelskörper mit fester Bahn (absque rararum cometae) ist, abgesehen der beiden Monde und der Sonne, unserer Welt nahe genug, um direkten Einfluss auf Naturereignisse nehmen zu können. Autem, zieht man die als gesichert gelten könnenden Erkenntnisse der Astrologie in Betracht, gibt es durch fatum bestimmte Ereignisse im Leben eines Wesens, die sich durch gewisse Konstellationen vorherbestimmen lassen - warum also nicht auch die Ereignisse der Natur? Ergo: ..." Hier brach der Aufsatz ab. Phong lachte. Typisch Magier, Hauptsache, man verstand nur die Hälfte. Er wanderte weiter über den Tisch, genoss die Spiegelungen in Sextant und Fernrohr und schnitt sich selbst Fratzen. Schließlich blieb sein Blick auf dem Ding hängen.
Was war das denn? Sowas hatte er noch nie gesehen. Es war fast ein Ring, unterbrochen von einer größeren Lücke, der gegenüber einige seitliche Verstrebungen um eine Fassung angeordnet waren. In der Fassung saß ein Stein, durch den man durchsehen konnte, der jedoch alles verzerrte. Phong wuchtete das Ding hoch und trug es zur Kerze, um es genauer zu inspizieren. Ein Vergrößerungsglas? War das nicht etwas umständlich? Oder war der Ring zum Aufsetzen aufs Papier und die Lücke, damit man sehen konnte, was vergrößert werden sollte? Phong wusste, dass Vergrößerungsgläser eine bestimmte Brennweite benötigten, um möglichst groß zu vergrößern. Ein eingebauter Abstandshalter wäre da natürlich von Vorteil. Das blöde Ding war nur zu groß, als dass er es hätte ausprobieren können. Er versuchte, es gegen den Sextanten zu lehnen, um von dort aus schauen zu können, doch es kippte um. Er versuchte es wieder. Die Balance zu finden, war gar nicht so einfach. Wieder kippte es um. Schließlich zerrte er das Tintenfass herüber, um das Ding festzuklemmen, und kletterte auf den Sextanten. Tatsächlich! Es funktionierte!
Phong hatte nicht gut genug aufgepasst über seiner neuesten Entdeckung. Plötzlich schien Licht auf ihn, und eine schmale, manikürte Hand griff ihn und hob ihn hoch.
"Was ist das denn?", wunderte sich die Magierin. "Ein kleiner Eindringling?" Phong versuchte verzweifelt, sich zu befreien.
"Nein, ich wohne schon lange hier", empörte er sich. "Länger als Ihr." Sie lachte wohlklingend.
"Bist du also verantwortlich dafür, wenn hier etwas verschwindet, ja?", fragte sie dann weich. Phong kannte den Tonfall, er hatte sie oft genug belauscht. Sie war gefährlich.
"Nein", entrüstete er sich also wieder, "da müsst Ihr Eure Katze für fragen. Ich habe mir die Sachen bloß angeschaut." Sie legte den Kopf schief.
"Und was" - sie machte eine kleine Pause - "ist so interessant an meinem Armreifen?" Phong sah sie groß an.
"Das ist kein Vergrößerungsglas?", fragte er dann irritiert. "Ich dachte, es sei eine Lupe mit Abstandshalter." Jetzt war es an ihr, irritiert zu schauen.
"Äh, nein... das ist ein einfaches Schmuckstück aus meiner Jugend", antwortete sie langsam. "Ich habe es nie als Lupe gesehen." Mit der freien Hand griff sie nach dem Ding und setzte es mit der Lücke auf eine Schriftrolle. "Du hast recht!" Ihre Stimme klang erstaunt. Nun wandte sie sich Phong voll zu und hob ihn bis dicht vor ihr Gesicht.
"Wie heißt du, kleiner Mann?", fragte sie ernst.
"Phongaro ad'Itareia den'Kissaro", antwortete er wahrheitsgemäß. "Aber die meisten rufen mich einfach Phong."
"Und was willst du in meinem Haus?"
"Äh, wie gesagt, ich wohne schon länger hier als Ihr, Magistra", betonte er noch einmal. "Doch Eure Forschungen haben mich immer fasziniert."
"Soso. Und wieviel verstehst du davon?"
"Inzwischen..." - inzwischen war es Phong gelungen, seine Arme zu befreien, und er versuchte, sich mithilfe ihres Zeigefingers aus ihrer Umklammerung zu lösen - "inzwischen eine Menge. Ich habe Eure Auslassungen zur Arithmetik gelesen, und den Traktat über die Verbreitung der Alten Sprache, sowie auch das Buch über Fakten und Mythen über Drachen, das Ihr geschrieben habt, und was Ihr sonst noch so auf dem Tisch habt liegen lassen."
"Du kannst lesen und schreiben?", fragte sie erstaunt. Phong schnaubte wieder.
"Wenn Eure Höhle direkt neben einem Zimmer wäre, in dem man jedes Jahr aufs Neue Nestlingen das Alphabet beibringt, würdet Ihr es auch irgendwann beherrschen. Ihr lebt in einer alten Schule, Magistra." Nun lachte sie wirklich.
"Nun gut, kleiner Phong. Ich mache dir einen Vorschlag", sagte sie dann nach einer kleinen Weile. "Ich werde dir beibringen, was ich kann und weiß. Du wirst mein Lehrling sein und tun, was ich sage, und dafür werde ich dir mein Wissen vermitteln und, wenn du in der Lage dazu bist, auch meine Magie." Phong warf sich stolz in die Brust und nickte begeistert. Er - Zauberlehrling!
