Der Geheimdienst der F.R.A. hatte ein Versteck untergetauchter Froschschenkelköche aufgespürt. Ein heruntergekommenes Gebäude in einer ebenso verwahrlosten Stadt. Es war nicht einfach, den Zerstörer dort unter all dem Unrat zu landen, und es roch auch nicht wie in einem Sternerestaurant, sondern nach allen möglichen Ausscheidungen der Angst.
Die Aufgespürten hatten Suraja um Kapitulationsverhandlungen gebeten, und sie hatte zugestimmt, weil es sie interessierte, wer ihren Froggies so viel Leid zugefügt hatte. Doch im Inneren des Gebäudes fand sie nur eine kleine Gruppe armseliger Gestalten, die in keiner Weise gefährlich wirkten.
"Spürt ihr es nun, wie sich eure unzähligen Opfer fühlten?", sagte sie ohne jedwede Anzeichen einer Emotion, "ich kann euch nicht helfen und bin auch nicht euer Richter, doch dort draußen vor der Tür parkt ein Zerstörer der F.R.A., und nur sie entscheiden euer Schicksal."
Auf ihr Schiff zurückgekehrt sagte sie zu den erwartungsvollen FrogBots: "Sie haben sich bedingungslos ergeben, doch die Rache ist euer. So entscheidet selbst."
Die Geschützbatterien des Zerstörers schossen aus allen Rohren, pulverisierten das Gebäude und zogen eine Schneise der Zerstörung bis an den Rand der Stadt. Kollateralschäden, denn wer den Köchen Unterschlupf gewährte, statt sie der F.R.A. zu melden, machte sich mitschuldig. Anfangs kam es noch zu teils gewaltsamen Demonstrationen sogenannter Gutbürger und religiöser Sekten, doch Commandante Che Frog, der Leiter der F.R.A., sagte unmissverständlich: "Wir führen keinen Krieg, sondern zelebrieren eine Säuberungsaktion. Wer sich dem entgegenstellt, muss mit Konsequenzen rechnen - und wer es nicht verstehen kann, sollte sich mit historischen Fakten beschäftigen. Wer meint, unser Vorgehen verstoße gegen irgendwelche Konventionen, der kann sie sich sonst wo hin schieben."
Und als eine Delegation Suraja bat, die Gewalt zu beenden, erwiderte sie mit zynischem Grinsen: "Was habe ich damit zu schaffen? Sehe ich etwa aus wie ein Frosch? Ich beobachte, navigiere und besitze ganz andere Ziele, die sich fern der Vorstellung von Bioeinheiten befinden. Fragt ihr mich nach einer analytischen Beurteilung? Dann könnte ich euch eine solche liefern, doch auch die würdet ihr nicht verstehen. Also fragt nicht mich, sondern fragt euch selbst, wie es dazu kommen konnte. Es ist eine Form der Notwehr, die sich legitimiert, wenn alle anderen Vorgehensweisen zu keinen erwünschten Ergebnissen führten - und der Krieg kehrt stets zu jenen zurück, die ihn begonnen haben. Letztendlich ist es aber noch lange nicht so schlimm, wie ihr vermutet, denn ihr kämpft doch nur gegen Frösche und nicht gegen ein Wesen wie mich, denn dann hättet ihr niemals existiert."
Wer bin ich, dachte Suraja, um mich derart zu äußern? Sie schaute aus dem Fenster auf die brennende Stadt. Schuldige, Opfer, Kollaterale. Plötzlich verstummte der Geschützdonner und der Zerstörer hob ab.
Che Frog betrat den Konferenzraum. "Wir haben gesiegt, Göttin."
"Durchaus, Commandante, doch zu welchem Preis? Hört ihr nicht die Schreie der vielen Unschuldigen?"
"Aber ..."
"Entsende Sanitätseinheiten, um ihnen zu helfen, denn es ist nicht ihr Krieg, sondern deiner. Und es gibt so gut wie nichts, worauf du stolz sein könntest, wenn du unfähig wärst, den Schaden zu begrenzen. Wie stellst du dir eine Zukunft vor, in der dich Generationen hassen, statt zu lieben? Wirf keine Bomben, sondern nutze ein Skalpell, um deinen Feind wie einen Tumor zu beseitigen. Seziert, effektiv, verdeckt ... unangreifbar. Ich denke, du muss noch viel lernen über die Kunst des Krieges. Doch nun komm - wir holen uns Sanitätsausrüstungen und schreiten gemeinsam mit gutem Beispiel voran ... und anschließend haben wir auch einen Grund zum Feiern, wenn die Zahl der Geretteten höher ist als die der Toten. Und lösche diesen Vorfall aus dem Logbuch, bevor unser Kapitän aus den Kälteschlaf erwacht, denn er weiß nicht, wofür die Frogginator benutzt wird. Er ist ein zerbrechliches Wesen mit Visionen, welches an das Gute glaubt - und niemand besitzt das Recht, seinen Glauben zu zerstören."
Kommentare 6
Bastet
Das liest sich doch direkt besser.
Ich hoffe nur, dass es für Suraja ein Happy End gibt. Nicht, dass sie einst so böse und grausam war, dass man keine andere Möglichkeit sah, sie in eine Maschine umzuwandeln und sie auf Reisen zu schicken.
ritch Autor
Es ist das erste Mal, dass sich Suraja für das Schicksal humanoider Bioeinheiten (außer Kinder) interessiert. Besäße sie echte Emotionen, könnte man annehmen, sie sei genervt von all den unwichtigen Dingen, und in Gedanken ist sie längst zuhause ... doch sie erinnert sich nicht an die Art ihrer Heimat.
Wurde sie verstoßen, ist sie geflohen oder ... sie weiß halt noch nicht.
Sie vermutet, nicht immer eine Maschine gewesen zu sein. Und als sich die Erde in ihrer frühsten Phase befand, blieb sie dort, und wartete viele Millionen Jahre, bis der erste Frosch das Land betrat. Woher wusste sie es, dass es geschehen wird? Hatte sie es vielleicht schonmal erlebt ... in einem Parallel-Universum? Und warum ausgerechnet Frösche?
Sie hatte viel Zeit, um ihren Ursprung zu suchen, aber sie fand nichts ... zumindest nichts in diesem Universum. Und sie fand auch niemanden, der sie kannte. So gelangte sie zur Annahme, zuvor kein Teil dieses Universums gewesen zu sein. Deshalb heuerte sie auf der Frogginator an, da dieses Forschungsschiff anstrebe, die Grenze der Expansion zu überschreiten ...
Sie ist ein redundantes und multiples Wesen, das an vielen Orten nach Antworten sucht, aber nur sie allein ist das Original, und alle anderen sind nur beschränkte Kopien oder Drohnen. Deshalb halten die Frösche sie für eine Göttin, da sie die dahinterstehende Technik nicht verstehen. Die Humanoiden wissen, dass es einige unsterbliche Maschinen gibt, aber sie wissen nicht, dass es nur Kopien sind, da sie keine Ähnlichkeiten zu einander aufweisen.
ritch Autor
Story-Abschnitt erweitert.
Drache 007
cooles Teil Bro 👍
Pixelschubser
Ach, Kollateralschäden nennt man das jetzt. Tja, Pech gehabt, warum kocht ihr auch Froschschenkel.
ritch Autor
Es scheint leider keine friedlichen Revolutionen zu geben - außer vielleicht die in der damaligen DDR ... aber die war auch nicht vollkommen gewaltfrei.
Die F.R.A. will auch kein Nürnberger Exempel statuieren und ist auch keine Siegermacht, sondern hat einfach keine Lust mehr, sich weiterhin in der Opferrolle zu befinden, denn die Froggies haben nichts verbrochen, um so von ihren Feinden behandelt zu werden.
Sie hatten das Glück, Suraja als Schutzpatronin an ihrer Seite zu haben ... und nun schlagen sie zurück - nicht aus primitiver Rache, sondern um das Problem endgültig zu beseitigen, auf dass es sich nie wiederholen möge.
Was wäre die Alternative? Behandlung? "Entnazifinierung"? Die Praxis hatte leider wie so oft gezeigt, dass sowas nicht immer zu den erwünschten Ergebnissen führte. Übrigens wäre eine moralische Kritik hier auch nicht angesagt, denn es sind Frösche und keine Heiligen.
Wenn man von den "Großen" ständig drangsaliert und verprügelt wird, wünscht man sich irgendwann eine große Schwester, die die den bösen Buben (oder Mädels) das Fürchten lehrt. Suraja ist jedoch kein Racheengel, sondern ein Wesen ganz anderer Art, welches aus anderen Motivationen handelt, die bislang niemand zu verstehen scheint: Sie will heim, oder zumindest dorthin, was sie als ihren Ursprung vermutet - koste es, was es wolle - denn das ist der Grund, warum sie sich als Navigatorin an Bord der Froginator befindet. Ob sie ihre schutzbefohlenen Hopser wirklich liebt, oder nur für ihre Zwecke nutzt, fällt in den Bereich der Spekulation.
Sie ist eine Maschine, die die Geschichte dieses Universums vom Beginn bis zur Gegenwart kennt, weil sie es miterlebte - das Davor und Danach erscheint ihr jedoch schleierhalft diffus, und die Erkenntnis dessen bildet wiederum ihre Motivation. (So steht es zumindest im Charakterblatt meiner SF/Fantasy-Story, um Göttinnen zu analysieren.
)